Wie steht es um die augenärztliche Versorgung in deutschen Seniorenheimen?

Aktuelle Ergebnisse der OVIS-Studie

In der OVIS-Studie (Ophthalmologische Versorgung in Seniorenheimen) wurden durch 14 Universitäts-Augenkliniken in insgesamt 32 Seniorenheimen 600 Bewohner untersucht. Bewohner waren im Durchschnitt 83 Jahre alt, die Mehrzahl waren Frauen (73 Prozent) und fast die Hälfte gab aktuell Sehprobleme an (46 Prozent).

In der augenärztlichen Untersuchung zeigten sich bei 61 Prozent der Bewohner behandlungsbedürftige Augenbefunde. In der Mehrzahl der Fälle wurden jährliche Kontrollen bei einem Augenarzt empfohlen (49 Prozent), bei über einem Drittel jedoch eine rasche Vorstellung innerhalb von 2 Monaten (31 Prozent) und bei sechs Prozent eine sofortige Vorstellung (innerhalb von zwei Wochen). Bewohner mit augenärztlichem Behandlungs- beziehungsweise Kontrollbedarf waren etwas älter (84 Jahre) im Vergleich zu Bewohnern, die keinen Behandlungs- oder Kontrollbedarf hatten (81 Jahre). Bewohner mit akut behandlungsbedürftigen Befunden waren im Durchschnitt noch älter (88 Jahre). In ländlichen Seniorenheimen gab es weniger Behandlungsbedarf (30 Prozent) im Vergleich zu städtischen Seniorenheimen (65 Prozent), die Bewohner waren im Schnitt etwas jünger (79 im Vergleich zu 83 Jahren), lebten aber schon länger im Seniorenheim (fünf im Vergleich zu drei Jahren) aber der letzte Augenarztbesuch war weniger lang her (2,5 im Vergleich zu 4,5 Jahre). Dies lässt darauf zurück schließen, dass weniger die Lage des Seniorenheims oder Länge des Aufenthalts, sondern die Anbindung an einen Augenarzt für die Versorgung ausschlaggebend ist.

Im Durchschnitt für die gesamte Stichprobe war der letzte Augenarztbesuch vor etwa vier Jahren. Die Empfehlung des Berufsverbands der Augenärzte ist, sich ab dem 40. Lebensjahr ein- bis zweimal jährlich beim Augenarzt untersuchen zu lassen, da viele Augenerkrankungen altersbedingt sind und schleichend beginnen.
Behandlungsbedarf ergab sich zum Beispiel durch einen grauen Star. Bei etwas über der Hälfte zeigte sich ein grauer Star (53 Prozent), der in 62 Prozent der Fälle vom untersuchenden Arzt als operationswürdig eingestuft wurde und in 51Prozent der Fälle gaben die Betroffenen an, sich eine Operation des grauen Stars zu wünschen. Eine Kataraktoperation ist ein kurzer Routineeingriff, der ambulant und unter lokaler Betäubung durchgeführt wird. Oft werden erhebliche Sehverbesserungen durch die Operation des grauen Stars erreicht.

Bei einer Reihe von Bewohnern lag ein grüner Star (ein sogenanntes Glaukom) vor, der unbehandelt in vielen Fällen zur Erblindung führt. Sechs Prozent hatten einen bekannten grünen Star, der ausreichend behandelt wurde. Bei drei Prozent lag ein bekannter, aber unzureichend oder gar nicht behandelter grüner Star vor. Bei acht Prozent wurde der Verdacht auf einen grünen Star geäußert, der einer weiteren Abklärung und gegebenenfalls einer Therapie bedurfte. Bei also insgesamt 17 Prozent der Bewohner lag ein bekannter oder vermuteter grüner Star vor, der einer Therapie, regelmäßiger Kontrollen und/oder einer weiteren Abklärung bedurfte. Hürden, einen Augenarzt aufzusuchen, wurden angegeben als:

1. Fehlender Transport (39 Prozent)

2. Fehlende Unterstützung/Hilfe (19 Prozent )

3. Fehlende subjektive Notwendigkeit (12 Prozent)

4. Kosten (sechs Prozent), und 5. Keine Barrierefreie Augenarztpraxis (fünf Prozent)

Mehr als die Hälfte (61 Prozent) gab an, prinzipiell noch mobil genug zu sein, um einen Augenarzt weitestgehend selbständig aufsuchen zu können. Hürden, die dem im Weg stünden, wurden ebenfalls als:

1. Fehlender Transport (23 Prozent)

2. Fehlende Unterstützung/Hilfe (11 Prozent )

3. Fehlende subjektive Notwendigkeit (zehn Prozent)

4. Kosten (fünf Prozent), und

5. Keine Barrierefreie Augenarztpraxis (drei Prozent) angegeben.

Die Stichprobe:

Es wurden ausnahmslos alle Bewohner der Seniorenheime eingeladen, an der Untersuchung teilzunehmen. Ein Teil der Bewohner konnte nicht teilnehmen, da es deren Gesundheitszustand nicht zuließ, bei einem anderen Teil wurden die Betreuer nicht erreicht, so dass uns keine Einverständniserklärung vorlag. Pro Heim wurden im Durchschnitt 20 Prozent der Bewohner untersucht. Von allen Bettlägerigen wurden zehn Prozent untersucht, von allen an Demenz Erkrankten neun und 24 Prozent aller, die betreut waren. Die Vermutung liegt nahe, dass der eher gesündere Teil der Bewohner untersucht wurde und dass sich die Situation in den Heimen insgesamt wahrscheinlich eher schlechter darstellt, als in der OVIS-Stichprobe gefunden. Die OVIS-Studie ist abgeschlossen und mehrfach in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert (pubmed.ncbi.nlm.nih.gov).